Die rund 700 Inseln, Sandbänke und Felsriffe der Bahamas südöstlich von Florida sind nichts anderes als die Spitzen gewaltiger Kalkplateaus, der Bahama-Bänke, deren Sockel mehrere tausend Meter in die Tiefe reichen. Seit der Kreidezeit, seit beinahe 200 Millionen Jahren also, sind die natürlichen Gegebenheiten hier an der Nahtstelle von Atlantik und Karibik nahezu unverändert geblieben. Da der Meeresboden seit dieser Zeit ständig absinkt, konnten sich bis zu 7.000 Meter mächtige Kalkschichten übereinander lagern.

Auch heute setzt sich auf den seichten Plateaus der Bahama-Bänke unaufhörlich neuer Kalkschlamm aus dem Meerwasser ab. Weite Flächen sind von Milliarden winziger Kalkkügelchen bedeckt, die um kleinste Sedimentpartikel herumwachsen. Darüber hinaus gibt es eine Unzahl von Organismen, die dem Meerwasser Kalk entziehen und daraus ihre Skelette, Gerüste oder Schalen bauen. Die Korallen sind die wichtigsten unter ihnen; in Kooperation mit Kalkalgen, Moostierchen, Schwämmen, Röhrenwürmchen, Muscheln und Schnecken bauen sie seit Millionen von Jahren an den Kalkplateaus der Bahamas. Die Kalksedimentation war nur während der Eiszeiten unterbrochen, als der Meeresspiegel über hundert Meter tiefer lag.

In dieser Zeit nagte das Regenwasser an den frei liegenden Kalkbergen und schuf ein gewaltiges Höhlensystem, das die Bahama-Bänke wie einen Schwamm durchlöchert. Äußere Anzeichen dafür sind die Blue Holes, riesige kreisrunde Löcher, die durch den Einsturz ehemaliger Karsthöhlen entstanden sind. Die Bahamas gelten als Modellfall für die Entstehung von marinen Kalkgesteinen, wie sie als fossile Analogien in den Bergen der Kalkalpen wieder begegnen.